Vermutlich beschäftigten sich bereits die alten Hochkulturen der Assyrer, Ägypter, Babylonier, Chinesen, Perser, Phöniker und andere Völker mit der bewussten Züchtung von Rebsorten auf der Basis von Wildreben. Dass man durch Samenaussaat neue Sorten bekommen konnte, war wohl schon sehr lange bekannt.
Die moderne Züchtung als bewusste, manuell herbeigeführte Kreuzung zweier Elternsorten unter gezielter Verwendung von väterlichem Pollen setzte im christlichen Europa wohl erst mit dem Beginn der botanischen Systematik ein, für die Carl von Linné (1707-1778) und Charles Darwin (1809-1882) die wissenschaftlichen Grundlagen legten. Neue Rebsorten, die durch gezielte Züchtungs-Aktivitäten wie Samenaussaaten oder Kreuzungen entstanden sind, tauchen in der ampelographischen Literatur ab dem ersten Drittel des 19. Jahrhunderts auf. Besonders in den Treibhäusern Englands sind viele neue, sehr früh bis in den Winter hinein reifende Tafeltraubensorten entstanden.
Professionell und routiniert gekreuzt wurde ab dem zweiten Drittel des 19. Jahrhunderts. Ein wahrer Boom für Neuzüchtungen von pilzfesten Hybridsorten und reblausresistenten Unterlagen erfolgte im Zusammenhang mit der Reblaus- und Mehltau-Katastrophe ab den 1870er-Jahren besonders in Frankreich. Nach dem großen Erfolg des Müller-Thurgau wurden nach dem Ersten Weltkrieg auch in Deutschland große Mengen an neuen Rebsorten kreiert, wobei nach der erfolgreichen Lösung des Reblausproblems durch Pfropfung eine Zeit lang wieder die kombinatorische Kreuzung mitteleuropäischer Edelsorten miteinander modern war. Dies führte zu Sorten wie Bacchus, Domina, Dornfelder, Dunkelfelder, Huxelrebe, Kerner, Scheurebe und vielen anderen mehr.
Das generelle Züchtungsziel im modernen Weinbau ist es, Rebsorten mit bestimmten positiven, gewünschten Eigenschaften und Merkmalen zu erzeugen. Neue Rebsorten mit besseren oder teilweise auch vollkommen neuen Eigenschaften kann man nur auf generativem (geschlechtlichem) Weg durch Kreuzungs-Züchtung erzeugen: Dabei werden zwei Rebsorten mit erwünschten elterlichen Eigenschaften miteinander gekreuzt und aus den angezogenen Sämlingen solche Pflanzen herausselektiert, die der angestrebten Idealsorte am besten entsprechen.
Es gibt im Wesentlichen vier unterschiedliche Züchtungs-Strategien, die zum Teil auch in Kombination hintereinander angewendet werden. Das sind Kreuzungs-, Auslese- oder Selektions-, Mutations- und Erhaltungs-Züchtung.
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