Der Vegetationszyklus der Rebstöcke wiederholt sich jedes Jahr nach dem gleichen Muster. Dieses Kapitel erklärt die wichtigsten Ereignisse im Jahreszyklus und wie sich diese Meilensteine auf die folgenden Phasen und manchmal sogar auf den Vegetationszyklus des darauf folgenden Jahres auswirken. Bei der Planung des jährlichen Vegetationszyklus der Weinrebe ist die Saison kurz nach dem Höhepunkt der Ernte der logische Anfangspunkt. Die Weinberge werden für kurze Zeit in Ruhe gelassen während der Fokus auf die Weinkellerei übergeht. Die Blätter an den Rebstöcken werden älter und fallen schließlich zu Boden, wobei die Austriebe verholzen. Das Beschneiden findet während der kalten Wintermonate.
Es ist wichtig, jeden Rebstock eigens zu beschneiden, um den richtigen Ertrag und die richtige Holzqualität für das nächste Jahr herzustellen. Mit dem Beschneiden entfernt man den hölzernen Wuchs der vorherigen Saison und bereitet den Rebstock für den Anfang des nächsten Wachstumszyklus vor. Zu diesem Zeitpunkt wird der Ertrag der folgenden Ernte bestimmt, da die Anzahl der Austriebe in der Beschneidungsphase festgelegt wird.
Wenn der Winter zu Ende geht und das Wetter langsam wärmer wird, lösen die steigenden Temperaturen das Wachstum neuer Blätter am Holz aus, das beschnitten wurde. Dieses Stadium nennt man Austrieb. Kleine Knospen schwellen an und die ersten winzigen Blätter entfalten sich. Die Austriebe wachsen in der Anfangsphase schnell, was von der herrschenden feuchten Winterluft und der erhöhten Sonneneinstrahlung gefördert wird. Nach einem Zeitraum von ungefähr zwei Monaten (je nach Rebsorte, Lage und klimatischen Bedingungen) verlangsamt sich das Wachstum der Triebe und die Blüte beginnt.
Sobald winzige Gruppen von kleinen, meist weißen Blüten aufblühen, sind die Witterungsverhältnisse für die Bestimmung der Quantität und Qualität der nächsten Ernte entscheidend. Schönes, mildes Wetter wird eine gleichmäßige und gesunde Anordnung der Früchte (Fruchtansatz genannt) fördern. Starke Winde, übermäßiger Regen oder Hagel können jedoch möglicherweise den Fruchtansatz reduzieren und ungleichmäßige Formationen der Traubenbüschel verursachen. Wenn der Fruchtansatz vollständig ist, bilden sich grüne Traubenbüschel und die Frucht beginnt mit der Wachstums- und Entwicklungsphase. Das warme Wetter sorgt für die Ansammlung von Zucker in den Beeren bis zur Reife. Das Wetter prägt die Beschaffenheit der Trauben und die Entwicklung der Geschmacks- und Aromazusammensetzung während des ganzen Reifeprozesses. Wesentliche Bestandteile wie Zuckerentwicklung, Säure- und Tanninentwicklung werden bestimmt. Während die Rebstöcke durch diese Entwicklungsphase der Beeren gehen, wird der Ertrag kalkuliert. Obwohl beim Beschneiden die Anzahl der Austriebe per Rebstock festgelegt wurde, muss jetzt die Anzahl der Trauben pro Austrieb geprüft werden. Zu diesem Zeitpunkt gilt es wesentliche Entscheidungen zu treffen, da es kurz vor der Véraison die Möglichkeit gibt, den Ertrag zu reduzieren. Diese Methode bezeichnet man als Ausdünnen, da übermäßige Trauben grüner Beeren entfernt und auf den Boden fallen gelassen werden. Das Ziel ist dabei zu gewährleisten, dass jeder Rebstock das richtige Gleichgewicht zwischen Überbau und Fruchtlast hat und dass er die verbleibenden Trauben bis zur optimalen Reife trägt. Wenn der Reifeprozess den Höhepunkt erreicht, werden die Trauben probiert und der Saft getestet. Wenn die Reife sich dem Höhepunkt nähert, werden die Beeren wöchentlich überwacht, manchmal sogar täglich und schließlich wird die Entscheidung getroffen die Früchte zu ernten. Eine Saison endet und eine neue beginnt.